INSOLVENZ-IMMOBILIE KAUFEN

UM WAS GEHT’S BEI INSOLVENZ-IMMOBILIEN?

Beim Kauf einer Immobilie aus der Insolvenz handelt es sich um eine Liegenschaft, die einem insolventen Schuldner gehört. Wird ein Immobilienunternehmen insolvent, übernimmt der Insolvenzverwalter die Verwaltung und den Verkauf der Vermögenswerte, um Gläubiger zu befriedigen. Der Verwalter, in der Regel ein darauf spezialisierter Rechtsanwalt, ist verantwortlich für den Verkaufsprozess und muss den bestmöglichen Preis erzielen. Auch Gläubiger selbst können im Prozess Einfluss nehmen. Insolvenzimmobilien werden auf zwei Wegen verkauft: über eine sog. Zwangsversteigerung und, häufiger, “freihändig”, also ganz normal an private Käufer. In diesem Beitrag beleuchten wir den freihändigen Verkauf von Insolvenz-Immobilien in Österreich und die wichtigsten Punkte, die es zu beachten gilt.

WIE LÄUFT’S AB?

  1. Bewertung & Gutachten: Die Bewertung erfolgt durch einen gerichtlich bestellten Gutachter/in. Eine professionelle Bewertung ist essentiell für eine faire Gläubiger-Bezahlung. Dabei wenden sie verschiedene Methoden an, etwa den Vergleichs-, Ertrags- oder Sachwert einer Immobilie, das ganze verpackt in ein in der Regel 30- bis 100-seitiges Gutachten. Wichtig: Der Schätzpreis ist auch gleichzeitig die Untergrenze oder Minimum-Preis, unter dem grundsätzlich nicht verkauft werden soll/darf. Würde man ein Kaufangebot unterhalb dieses Schätzpreises legen, würde der Verdacht einer Vermögensverschleuderung aufkommen, der sich Insolvenzverwalter und -gericht natürlich nicht aussetzen dürfen. Außerdem schafft dieser Preis Transparenz und Vertrauen bei allen Beteiligten.

  2. Verkauf & Angebot: Der Verkauf beginnt mit dem Gutachten, das veröffentlicht wird (https://edikte.justiz.gv.at/) und von jedermann eingesehen werden kann. Für Fragen zur Immobilie stehen aber Insolvenzverwalter und Gutachter nicht zur Verfügung. Ich habe selbst erlebt, wie manche versucht haben, sich privat die Immobilie anzuschauen, aber dann keine weiteren Detail-Infos oder Fragen beantwortet bekommen haben. Deshalb ist es empfehlenswert, über einen Makler zu gehen, der auf Insolvenzimmobilien spezialisiert ist, vielleicht sogar selbst einen juristischen Fachhintergrund hat, und der den Prozess genau kennt und einen dabei massiv unterstützen kann. Hat man sich nach genauer Prüfung für eine Immobilie entschieden, kann man ein Angebot an den Insolvenzverwalter legen. Manche verlangen da spezielle Bedingungen, wie man ein Angebot abzugeben hat, etwa was die Bindungsfrist angeht, manche Insolvenzverwalter sind da flexibler. 

  3. Zuschlag & Abwicklung: Im Idealfall ist man der einzige Anbieter und erhält verkäuferseitig den Zuschlag. Sollten mehrere Anbieter im Rennen sein, hat der Insolvenzverwalter die Möglichkeit, entweder eine Deadline zu setzen, zu der alle Bieter ein weiteres Angebot legen können, oder er lädt die Bieter zu einem Termin bei Gericht ein, wo ein Bieter-Verfahren stattfindet. Nach Zuschlag gilt der Kaufvertrag grundsätzlich als geschlossen. Der Käufer muss dann einen Kaufvertrag vorlegen, der mit der Verkäuferseite abgestimmt wird, dann die Kaufsumme auf ein Treuhandkonto des Verwalters überweisen. Damit kann man dann als letzten Schritt zum Insolvenzgericht gehen, das dem abgeschlossenen Kaufvertrag noch zustimmen muss. Liegt der erzielte Kaufpreis am oder über dem Schätzwert, dann erhält man in der Regel diese gerichtliche Zustimmung auch ohne Probleme. Ein Praxis-Tipp an dieser Stelle: Weil bereits die Zusage des Insolvenzverwalters zum Kaufangebot voll gilt und die gerichtliche Zustimmung die Gültigkeit quasi nur aufschiebt, kann es taktisch sinnvoll sein, das man für das eigene Kaufangebot eine möglichst kurze Bindungsfrist abgibt. Falls der Masseverwalter dann zustimmt, hat man unter Umständen damit andere Bieter ausgestochen, die bis zum Ablauf der Bindungsfrist es nicht schaffen, ein eigenes Kaufangebot zu legen. Also Zeit ist hier Trumpf. Wichtiger Hinweis: Selbst nach Kaufvertragsabschluss mit dem Insolvenzverwalter ist es noch möglich, bis zur Genehmigung des Gerichts noch ein höheres Angebot zu legen. Damit ist es umso wichtiger, dass man hier mit Hilfe eines darauf spezialisierten Immo-Experten (wie wir es auch sind) schnell agieren kann.

NACHTEILE & RISIKEN

  • Übersehene Mängel: bedingt durch hastige Kaufentscheidung

  • Fehlende Gewährleistung: Ausschluss einer Gewährleistung, keine Haftungsmasse, da kein Vermögen vorhanden

  • Komplexität Insolvenzverfahren:

    • 1. Kommunikation mit dem Insolvenzverwalter ist komplexer, da er nicht auf den Verkauf spezialisiert ist und kaum Auskunft gibt bzw. geben kann. Da wird dann meist nur auf das Schätzgutachten des Gerichtssachverständigen verwiesen. Weitere Dokumente stehen meist nicht zur Verfügung, sodass Kommunikation und Dokumentation zur Immobilie für die meisten Interessenten zu dürftig sind und man sich hier professionelle Unterstützung holen sollte.

    • 2. Wartezeit bis zur endgültigen Freigabe des Kaufvertrags durch das Gericht;

    • 3. kein Treuhänder - Vorauszahlungspflicht ohne Treuhänder ist unüblich, aber man zahlt auf ein getrenntes Treuhandkonto des Masseverwalters ein

  • Finanzierungsprobleme: kein Finanzierungsvorbehalt, Finanzierungszusage muss stehen

  • Umsatzsteuer: Bei Bauträger-Konkursen kommt es vor, dass eine Immobilie dann mit Umsatzsteuer verkauft wird. Das muss bei Abgabe des Kaufangebots berücksichtigt werden. 

VORTEILE & CHANCEN

  • Immobilien zum oder unter Verkehrswert: Warum? Das Gutachten stellt einen allgemeinen Marktwert dar, enthält oft jedoch nicht alle kauf-relevanten Aspekte, denn viele Gutachten berücksichtigen oft nicht Faktoren wie Mikrolage, Ausstattungsdetails oder Energieeffizienz. Zudem werden viele Schätzungen als sogenannte Schreibtisch-Gutachten erstellt, ohne Besichtigung der konkreten Immobilie vor Ort. Und da kann es preislich durchaus attraktive Schätzwerte geben. Auch hier gilt, einen Immo-Experten oder Makler dazuzunehmen, der zumindest eine zweite Schätzung zur Immobilie machen kann, damit man nicht zu teuer kauft.

  • Geringere Risiken verkäuferseitig: Ein Kauf aus einer Konkursmasse birgt für den Käufer schon typischerweise erheblich geringere Risiken als der Erwerb von einem privaten oder gewerblichen Eigentümer, dessen wirtschaftliche Lage, Seriosität und Verlässlichkeit man oft nicht leicht einschätzen kann. Bei einem Erwerb vom Masseverwalter entfällt jedenfalls das Risiko, das das Objekt mehrfach verkauft oder sonst mit einem Pfandrecht belastet wird.

  • Löschung Pfandrechte / Hypotheken: Mit der Überweisung des Kaufpreises auf ein Massekonto ist auch gewährleistet, dass der Kaufpreis zur späteren Befriedigung der Konkursgläubiger verwendet wird, was letztlich auch eine Löschung der Pfandrechte und Hypotheken zur Folge hat.

  • Verkauf aus finanziellen Gründen: Bedeutet im Umkehrschluss, dass die Wahrscheinlichkeit, dass wegen baulicher Mängel verkauft wird, bei Insolvenzen geringer ist. Das befreit einen trotzdem nicht, sich eine Immobilie ganz genau, also auch bautechnisch, zu beleuchten.

  • Geringere Nebenkosten: 1. Nachdem Insolvenzverwalter selbst Treuhänder der Insolvenzmasse ist und damit kein extra Treuhänder mehr notwendig ist, entfallen die Treuhandkosten. 2. Kauft man ohne Zuhilfenahme eines Immo-Experten oder -Maklers, entfallen dessen Gebühren.

VERGLEICH INSOLVENZ- VS. PRIVAT-KAUF

 
 

ZUSAMMENFASSUNG & EMPFEHLUNG

Beim Kauf von Insolvenz-Immobilien bieten sich oft Chancen, aber es gibt auch Risiken. Gutachten legen einen Mindestpreis fest, doch versteckte Mängel und komplizierte Abläufe sind möglich. Es empfiehlt sich daher, sich bei Insolvenzimmobilien von einem Experten beraten und unterstützen zu lassen, - und zwar von der Informationsbeschaffung, Besichtigung, Begutachtung und Einschätzung der Vor- und Nachteile einer Immobilie bis hin zur Kommunikation mit dem Insolvenzverwalter. 

Also: Trotz höherer Komplexität, die ein professioneller Makler für einen potenziellen Käufer quasi ausgleicht, kann der Erwerb einer solchen Immobilie bei richtiger Herangehensweise eine lohnende Anschaffung darstellen.

Zu dem ganzen Thema gibt es weitere Aspekte und noch einiges an zusätzlichen Tipps, die ich gern in einem persönlichen Gespräch mit Ihnen besprechen würde. Für Fragen oder eine Beratung stehe ich Ihnen mit meinem Team österreichweit gerne zur Verfügung! 

 
 
 

Dr.iur. Andreas Bonschak, LL.M.

 
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